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Thomas, du hast vor 20 Jahren ti&m gegründet. Erzähl, wie kam es dazu?

Thomas: Ich hatte keine Lust mehr auf eine Grossfirma, wollte lieber eigenverantwortlich sein und eine Firma gründen. Ich habe gesehen, wie viele Firmen und IT-Dienstleister ihre Kernkompetenzen offshorten. Mit ti&m wollte ich Kernkompetenz, Expertise und Wertschöpfung in der Schweiz behalten. Unser Fokus lag und liegt auf ganzheitlichen, vertikal integrierten Lösungen entlang der Wertschöpfungskette unserer Kunden. Ich wollte kein Stückwerk produzieren, sondern Projekte end-to-end umsetzen und innovativ sein – in Kundenlösungen und eigenen Produkten.

Luisa, was hast du gedacht, als dir Thomas vor 20 Jahren sagte, er kündige und gründe eine eigene Firma?

Luisa: Thomas ist ein Optimist, sehr leistungsorientiert und – besonders wenn er Ziele erreichen will – enorm belastbar. Darum habe ich nie daran gezweifelt, dass es mit ti&m klappen wird.

Glaubst du, Thomas wäre glücklich geworden, wenn er ti&m nicht gegründet hätte?

Luisa: Er ist sehr glücklich mit ti&m, trotz des Stresses und des Druckes, den er manchmal aushalten muss. Seine berufliche Bestimmung und sein Glück als Unternehmer hat er definitiv gefunden. Das Lebensglück als Ganzes hängt sicherlich nicht nur vom Beruf ab, aber für Thomas war der Weg in die Selbstständigkeit ganz bestimmt die bessere Option, als angestellt zu bleiben.

Mit über 550 Mitarbeitenden und sechs Standorten gehört ti&m zu den grösseren Schweizer IT-Firmen. Wann hast du realisiert, dass ti&m kein Start-up mehr ist?

Thomas: Als ti&m etwa 180 Mitarbeitende zählte, spürte ich, dass ich mich entscheiden muss, entweder weiterzuwachsen oder klein und fein zu bleiben. Weiterwachsen heisst skalieren, über Werte führen, delegieren und nicht mehr alles selber machen wollen. Das ist ein Übergang, der nicht einfach zu managen und zu verkraften ist, aber auch viel Spass macht!

Unsere Produkte ti&m Banking und ti&m Online Identification gehören heute zu den führenden der Schweiz. War für dich von Anfang an klar, dass ti&m nicht nur ein IT-Dienstleister sein soll, sondern selber Produkte und Branchenlösungen entwickelt?

Thomas: Als Schweizer Firma kann man langfristig nicht nur über die Anzahl Mitarbeitende, sondern muss über Ideen skalieren. Und Ideen sind in unserer Branche Produkte. Daher war für mich klar, dass ti&m – sobald wir uns das leisten konnten – in eigene Produkte investiert. Und das machen wir bis heute. Diesen Frühling lancierten wir Open Datastack, die modernste enduserzentrierte Business-Intelligence-Lösung mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis auf dem Markt überhaupt.

Hattest du manchmal Zweifel, mit der Selbstständigkeit die falsche Entscheidung getroffen zu haben?

Thomas: Ich bin hart im Nehmen, sehr resilient. Aber etwa ein Mal pro Quartal – wenn auch nur für fünf Minuten – bin ich schon so richtig verärgert über alles, was da immer auf meinem Tisch landet. Wirklich bereue ich nur, dass ich nicht schon früher den Weg in die Selbstständigkeit beschritten habe.

Gibt es etwas, bei dem du deiner Frau heimlich dankst, dass sie dich davon abgehalten hat?

Thomas: Da gibt es einiges. Ich tausche mich sehr oft mit ihr über meine Ideen, aber auch über meine Sorgen aus. Meistens ist Luisa nicht meiner Meinung, vor allem bei sozialen Themen. Und dann wird ausgiebig diskutiert.

Du hast an der ETH studiert, bist im Herzen ein Techie. Vermisst du die Zeit, als du noch selbst in Projekten gearbeitet hast?

Thomas: Ab und an programmiere ich noch, aktuell mit Python für KI-Themen, manchmal mit R. Und irgendwie bin ich trotz allem bei sehr vielen Projekten, sei es bei der Ideenfindung, beim Abschluss oder bei Problemen, nahe dabei und hoffentlich immer Teil der Lösung. Zudem tausche ich mich sehr oft mit Expertinnen und Experten aus, diskutiere neue Themen und lerne Neues von jungen Talenten.

«Als Schweizer Firma kann man langfristig nicht nur über die Anzahl Mitarbeitende, sondern muss über Ideen skalieren. Und Ideen sind in unserer Branche Produkte.»

– Thomas Wüst

Verpasste Chancen und falsche Entscheide: Gibt es Momente, an die du dich zurückerinnerst und die dich noch heute wachhalten?

Thomas: Ich versuche immer aus Fehlern zu lernen und kann diese dann auch gut hinter mir lassen. Auch bin ich gegenüber anderen nicht nachtragend, mir ist die Zeit dafür zu schade. Lieber investiere ich diese Zeit in neue Themen. Was ich heute mit ti&m sicher besser machen würde, ist, mit Fremdgeld zu arbeiten. Heute bin ich zwar froh, dass wir uns selber gehören, aber sinnvolle Investoren hätten das Wachstum massgeblich beschleunigen können. Privat hätte ich mehr Zeit für die Familie freihalten sollen, das habe ich leider sehr schlecht gemacht.

Welcher war der beste Moment in 20 Jahren ti&m – und welcher war der schwierigste?

Thomas: Es gab unzählige tolle Momente, und hoffentlich folgen noch viele weitere. Glücklich machen mich zufriedene Kunden, Situationen, in denen wir den erfolgreichen Turnaround schaffen, und das Finden und Diskutieren neuer Lösungen und Produkte. Aber klar: Jedes shake the lake oder art@work ist ein toller Moment. Sehr gerne erinnere ich mich auch zurück an unseren ersten hack an app in Lenzburg, den ich damals noch persönlich geleitet habe.

Du hast unsere vielen Events angesprochen: shake the lake, Xmas Party, art@work oder Skiweekend – welcher ist dein Favorit?

Thomas: Ich möchte keinen missen, von der Agilität des Wassersports bei shake the lake hin zu moderner Kunst bis zum typisch schweizerischen Skievent oder der Xmas Party. Aber shake the lake ist einen Tick cooler als die anderen! Ich mag Wassersport sehr – und finde es toll, für einen Tag Gäste in unserer agilen Surfbasis am Zürichsee empfangen zu dürfen.

Was gibst du Start-up-Gründern in der IT-Branche mit? Was ist die wichtigste Eigenschaft, die man als CEO haben muss?

Thomas: Unternehmern und Gründern rate ich: Nehmt immer Feedback entgegen, aber lasst euch trotzdem nicht von euren Werten abbringen. Baut auf Talent und nicht auf Hierarchie, macht euren Job mit Leidenschaft und reisst so eure Teams mit. Und klar, Niederlagen schmerzen. Aber als Unternehmer zählt immer nur der nächste Morgen. Die Sonne wird wieder aufgehen, und es bieten sich neue Chancen.

In einigen Jahren wirst du ti&m an die nächste Generation übergeben. Was ist dir dabei besonders wichtig?

Thomas: Da ich meine Nachfolge familienintern lösen kann, tragen wir das Versprechen von heute gegenüber unseren Kunden und unseren Mitarbeitenden in die Zukunft. Ich möchte der nächsten Generation Raum geben, um mich irgendwann ganz zurückzuziehen und Platz zu machen für Neues.

Eleonora Sartori

Studierte Rechtswissenschaften bis zum Master in Zürich und Lausanne. Während des Studiums arbeitete sie eineinhalb Jahre bei ti&m und war intensiv im Bereich RegTech tätig.

Damiano Sartori

Bachelorstudent an der Universität Zürich mit verschiedenen Tätigkeiten als Tester und Praktikant bei ti&m.

Eleonora und Damiano, ihr werdet ti&m in ein paar Jahren übernehmen. Wie bereitet ihr euch darauf vor?

Eleonora: Der finale Entscheid ist noch nicht ganz gefällt, aber eine feste Absichtserklärung steht. Wir kennen viele Mitarbeitende von ti&m persönlich, sind seit Jahren Kleinaktionäre und daher in alle VR- und GV-Themen eingeweiht. Und natürlich sind wir auch nahe an den Sorgen und Themen unserer Eltern dran.


Damiano: Wir haben auch beide schon bei ti&m gearbeitet. Einige Events werden schon von uns bestritten, beispielsweise der hack an app award und gewisse interne Events. Inhaltlich haben wir uns durch die HSG-Ausbildung ins Verwaltungsrecht und das Führen von Verwaltungsräten eingearbeitet.

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