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Auch der Verteidigungsbereich und die Art der Kriegsführung ändern sich aufgrund der explosionsartigen Fortschritte in der digitalen Technologie rapide und permanent. Wir kommen nun an einen Punkt, wo nicht mehr nur die Menschen die Technologie verändern, sondern die Technologie die Menschen und die Art, wie wir leben, verändert.

Digitalisierung ist Business 

In der Vision der Gruppe Verteidigung setzen wir uns zum Ziel, 2030 agil und digitalisiert zu sein. Wir arbeiten dabei in vier Stufen. Zuerst digitalisieren wir unsere Prozesse. Damit wird deutlich, dass Digitalisierung nicht nur IT, sondern Business ist. In der zweiten Stufe bündeln wir die gewonnenen Informationen und das Wissen aus den digitalisierten Prozessen zur Informationsüber­legenheit. Der dritte Schritt ist so gross, dass er eher einem Sprung gleicht und wir ihn zum vierten erklärt haben: Nämlich das gewonnene Wissen in neue Geschäfte einfliessen zu lassen.

In der digitalen Transformation ist Schnelligkeit gefragt

In diesem Sinne dürfen wir die digitale Transformation nicht als ein abzuschliessendes Technologieprojekt betrachten, sondern vielmehr als einen Zustand ständiger Bewegung, der ständigen Adaption und Weiterentwicklung. Der Faktor Zeit ist in diesem Zusammenhang entscheidend. In Zukunft wird sich nicht der grösste, sondern der schnellste Player durchsetzen.
Schnelligkeit steht in einem direkten Zusammenhang mit Innovation. Es reicht nicht mehr, einfach zu beobachten, abzuwarten und allenfalls zu kopieren. Wer erfolgreich sein will, muss neu- oder zumindest mitgestalten. Das gilt auch für die Armee. Wir haben das Glück, dass unser Land in der Forschung und in der Wirtschaft weltweit immer noch zu den besten und unsere Armee dank dem Milizsystem zu den agilsten der Welt gehört. Die Voraussetzungen, dass damit auch unsere Armee die Herausforderung der Digitalisierung meistert, sind gegeben.

Digitalisierung als Gemeinschaftsprojekt

Eines ist aber sicher: Die digitale Transformation der Armee kann nicht befohlen werden – wir alle müssen sie selbst in die Hand nehmen. Wir müssen uns mit den neuesten Technologien und Arbeitsweisen auseinandersetzen, sie nicht nur akzeptieren, sondern umarmen. Auch wenn dies bedeutet, dass wir uns von liebgewonnenen Prozessen und Gewohnheiten verabschieden müssen.
Nicht nur in der Armee wird aktuell viel über Digitalisierung gesprochen und geschrieben. Die Vision der Gruppe Verteidigung sieht vor, dass die Armee 2030 agil und digital ist. Unseren Mitarbeitenden erklären wir aber viel zu wenig, was wir mit «Digitalisierung» meinen: Meine Absicht zur Digitalisierung führt über drei Stufen hin zur Nutzung des vollen digitalen Potenzials. Es wird klar, dass Digitalisierung mehr als nur Gadgets oder IT ist – Digitalisierung ist Business und beginnt ganz oben.

Die Stufen der Digitalisierung

Erste Stufe: Prozesse digitalisieren – als Kernaufgabe des Business

Auf der ersten Stufe geht es darum, bestehende Prozesse zu digitalisieren. Das klingt wenig revolutionär und hätte bereits vor 20 Jahren erledigt sein sollen. Und doch erstaunt es mich immer wieder, wie viel Papier wir einander noch zumuten, auch wie wenig wir gleichzeitig mit der Digitalisierung das Potenzial der Prozessoptimierung nutzen. Denn schlechte Prozesse zu digitalisieren, führt zu schlechten digitalen Prozessen. Um die Digitalisierung der Miliz voranzubringen, unterstützt ein Team, welches direkt bei mir angesiedelt ist, die Umsetzung der Ideen aus der Organisation. Dabei sind bereits einige funktionierende Anwendungen in Betrieb. Die erste Stufe macht schon deutlich: Digitalisierung ist nicht IT, sondern Business.

Zweite Stufe: Informationsüberlegenheit durch Big Data und KI

Die zweite Stufe der Digitalisierung bedeutet für mich «Integration». Dieser Schritt ist besonders anspruchsvoll, geht es doch darum, die aus den verteilten digitalisierten Prozessen gewonnenen Informationen zu integrieren und daraus neues Wissen zu gewinnen. Dafür müssen Silos aufgebrochen und horizontal integrierte Plattformen aufgebaut werden. Dieses Wissen generiert einen direkten Mehrwert, denn es gibt uns neue Erkenntnisse über unser Geschäft.
Im militärischen Kontext bedeutet die zweite Stufe die Integration von Sensorinformationen aus allen Operationssphären, also vom Boden, aus der Luft und aus dem Weltall sowie aus dem elektromagnetischen und dem Cyberraum. Mit der Integration gewinnen wir die Informationsüberlegenheit über unseren eigenen Raum.
Diese zweite Stufe macht die Verarbeitung von enormen Datenmengen in kurzer Zeit notwendig. Erst Big Data und Algorithmen, vor allem Mustererkennung mittels künstlicher Intelligenz, lassen uns den relevanten Baum im Informationswald erkennen.

«Der dritte Schritt ist so gross, dass wir ihn zum vierten erklärt haben.»

Dritte und vierte Stufe: Gewonnene Erkenntnisse nutzen und Gefahren frühzeitig erkennen

Die dritte Stufe lässt uns mit dem neu gewonnenen Wissen unser Geschäft neu denken. Der Schritt auf diese Stufe ist besonders gross und sie hat eher die Höhe einer vierten Stufe. In militärischen Anwendungen will ich mit dem Wissen über die Möglichkeiten der Gegenseite die eigenen Effektoren rascher und präziser einsetzen können. Genauso will beispielsweise ein Online-Buchhändler Ihnen in Zukunft Bücher zustellen, die Sie sowieso gekauft hätten. Trotz der Automatisierung der Prozesse betätigt bei uns in allen militärischen Anwendungen selbstverständlich immer noch der Mensch den Abzug.
Digitale Technologie entwickelt sich exponentiell und ich teile die Ansicht, dass es sich um eine weitere industrielle Revolution handelt. Die Armee muss die Chancen packen und dabei die Risiken so klein wie möglich halten. Deshalb schaffen wir mit den neuen Rechenzentren und dem Führungsnetz Schweiz eine robuste und hochsichere Basis für die Digitalisierung. Das neu geschaffene Cyber Fusion Center schützt unser digitales Nervensystem.
Digitalisierung ist letztlich eine Kulturfrage. Es erfordert Mut, neue, digitale Wege zu gehen. Fehler müssen möglich sein, um rasch wieder aufzustehen und daraus zu lernen. Mit unserer Milizarmee haben wir potenziell 140’000 Quellen für innovative Ideen. Schaffen wir gemeinsam mit Miliz und Militärverwaltung sowie mit Wissenschaft und Wirtschaft eine Umgebung, in der wir dieses Potenzial nutzen können!

 

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