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Vor drei Jahren, kurz vor Ausbruch von COVID-19, hat ti&m in Singapur eine Niederlassung eröffnet. Du bist von Anfang an als Head Singapur dabei. Wie hast du diese Zeit erlebt?

Das war schon etwas speziell, da mein erster Arbeitstag auf den ersten Tag des Covid-Lockdowns in Singapur fiel. Die Covid-Restriktionen waren aus Schweizer Sicht drastisch: Während der nächsten zwei Jahre gab es ein Hin und Her zwischen erlaubten Gruppengrössen von zwei, fünf und acht Personen und einer strikten Maskenpflicht – auch im Freien bei durchschnittlich 30 Grad Celsius. Singapur hat es damit grösstenteils geschafft, die Todeszahlen tief und das Virus für ein ganzes Jahr von der knapp 6 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Insel fernzuhalten. Das ging aber nur mittels drastischer Reisebeschränkungen: Für fast zwei Jahre war die Einreise nur möglich, wenn man sich zwei bis drei Wochen in Zwangsquarantäne begab.

Klingt nach einem schwierigen Start.

Für mich war die Anfangszeit mit ti&m in Singapur trotz der erwähnten Covid-­bedingten Herausforderungen intensiv, unglaublich spannend und in jeder Hinsicht bereichernd. Wegen der beinahe zwei Jahre dauernden «Work from Home»-Regel haben wir alle neuen Mitarbeitenden mittels Video-Meetings rekrutiert. Da ist es umso erfreulicher, dass wir Talente anwerben konnten, die an unsere Vision glauben und mit uns wachsen wollen. Aufgrund unseres breiten Produkt- und Serviceangebots ist es wichtig, das Produktwissen unserer Mitarbeitenden auf- und auszubauen und stetig in die berufliche Entwicklung zu investieren. Ich bin sehr glücklich, dass wir genügend Talente von uns überzeugen und gemäss unserer Strategie nachhaltig wachsen konnten. Mich hat die Motivation und Energie unserer Mitarbeitenden in Singa­pur sehr inspiriert. Eines der grossen Highlights für mich war, letztes Jahr endlich das ganze Team für Events zusammenbringen zu können.

Aufgrund unseres breiten Produkt- und Serviceangebots ist es wichtig, in das Wissen und die Entwicklung unserer Mitarbeitenden vor Ort zu investieren

Und wie sah es mit den Kunden aus? Wie habt ihr da den Fuss in den Singapurer Markt reinbekommen?

Anfangs sind wir dank unseren bestehenden, in der Finanzbranche tätigen Schweizer Kunden mit Niederlassungen in Singapur gewachsen. Später konnten wir dann laufend neue Aufträge von lokalen und internationalen Kunden dazugewinnen.

Was sind die grössten Unterschiede zwischen der Schweiz und Singapur? Wie unter­scheidet sich die Zusammenarbeit mit den Kunden und mit den Mitarbeitenden?

Die grössten Unterschiede sehe ich in der Kultur und in den Geschäftspraktiken. Singapur ist eine dynamische und sehr vielfältige Stadt, die eine hohe Geschwindigkeit und Agilität erfordert. Die Zusammenarbeit mit Kunden und Mitarbeitenden zeichnet sich durch Offenheit gegenüber neuen Technologien und Innovationen aus. Die Kunden sind hier sehr technologieorientiert und haben hohe Erwartungen an digitale Lösungen. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden ist geprägt von einem starken Unternehmergeist und einer grossen Bereitschaft, Veränderungen anzunehmen. Singapur ist unschlagbar effizient, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass es eine junge Nation und ein Stadtstaat ist. Für die föderale Schweiz ist es da manchmal schwieriger, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Aufgrund der eben angesprochenen hohen Effizienz in Singapur leidet teilweise die Nachhaltigkeit. Das sieht man unter anderem am Stadtbild, wo 20 bis 30 Jahre alte Gebäude bereits wieder abgerissen werden, um noch grösser und enger bauen zu können. Und das zeigt sich in der Geschäftswelt: Von Dienstleistern wie ti&m und deren Mitarbeitenden werden eine hohe Verfügbarkeit und schnelle Reaktions­zeiten erwartet. Generell ist die Abgrenzung zwischen Privatleben und Arbeitswelt hier nicht so strikt wie in der westlichen Welt.

Singapur hat gemäss verschiedenen Studien eine der höchsten Burnout-Raten der Welt.

Häufige Jobwechsel sind hier normaler als in der Schweiz. Da wollen wir uns bewusst als Employer of Choice positionieren und unseren Mitarbeitenden neben spannenden Projekten auch eine flexible und angenehme Arbeitsumgebung bieten. Dadurch können wir motivierte und talentierte Leute gezielt fördern. Wie erwähnt ist es wichtig für unser Produktbusiness, entsprechendes Wissen vor Ort aufzubauen. Nur so können wir unsere Kunden bestmöglich bedienen. Trotz der genannten Unterschiede werden eine gewisse Swissness und Werte wie Offenheit, Transparenz und ein respektvoller Umgang aber auch hier sehr geschätzt – bei den Kunden und bei unseren Mitarbeitenden. Entscheidend ist, uns nicht einfach als Schweizer Firma mit Schweizer Werten zu vermarkten, sondern die Werte auch zu leben.

Singapur ist ein grosses FinTech-Zentrum, aber auch in anderen Branchen ganz vorne mit dabei. Wie nimmst du die Innovations­kraft dieses kleinen Landes wahr?

Das Land hat eine klare Vision und setzt gezielt auf die Förderung von Technologie und Innovation. Nicht nur im Finanzsektor, sondern auch in anderen Branchen. Das schlägt sich auch auf den Alltag nieder: Singapur setzt mit Singpass seit Jahren erfolgreich auf eine staatliche E-ID, ohne die fast gar nichts mehr geht. Zum Beispiel sind alle Behördengänge digital möglich. Die Innovationskraft Singapurs spiegelt sich auch in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden wider, die stets auf der Suche nach innovativen Lösungen sind, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Ein eindrucksvolles Beispiel ist der Vergleich des Singapore Fintech Festivals mit dem Point Zero Forum in der Schweiz. Beides sind ähnliche Events mit dem gleichen Zielpublikum. Singapur konnte letztes Jahr 62000 Besucherinnen und Besucher aus aller Welt anziehen, während das Point Zero Forum am Flughafen Zürich dieses Jahr mit etwa 1000 Besucherinnen und Besuchern rechnet. In welchen Kundenprojekten ist ti&m in Singapur aktiv? Welche unserer Produkte kommen zur Anwendung? Mehrere unserer Produkte werden zurzeit auf Kundenseite implementiert, gerade arbeiten wir mit Hochdruck an der Ausrollung unserer digitalen Kunden-Onboar­ding-Lösung bei einem Kunden. Von unserer Digital Banking Software sind verschiedene Module bei Kunden im Einsatz, darunter digitale Zahlungen und Mobile Banking Apps. Aber auch ti&m places, eine Arbeitsplatzbuchungslösung in Microsoft Teams für hybrides Arbeiten, kommt bereits bei einigen Kunden in Asien zum Einsatz. Neben Produktimplementationen entwickeln wir in verschiedenen Kundenprojekten massgeschneiderte digitale Lösungen für Finanzinstitute und andere Unternehmen.

An welchen Projekten sind wir dran?

Im Consulting konnten wir mehrere Digitalisierungsprojekte mit Handels- und Immobilienfirmen für uns gewinnen, um einige der aktuellen zu nennen. Gerade arbeiten wir an der Integration von künstlicher Intelligenz und Machine Learning in unsere bestehenden Produkte, um die Benutzererfahrung weiter zu verbessern. Wir arbeiten auch an der Lokalisierung unserer Produkte, beispielsweise haben wir unsere digitale Kunden-Onboarding-Lösung an die erwähnte Singpass-Plattform angebunden. Aber auch Anpassungen in der Benutzerführung oder Support für ostasiatische Schriftzeichen gehören dazu, um im Markt erfolgreich zu sein.

Das war ein Beitrag aus dem ti&m special «Innovation»

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